Berlin ist ein Paradies für TangotänzerInnen. Kein Tag, an dem nicht mindestens vier Milongas stattfänden. In der Spitze sind es sogar sieben bis acht. (*) Beneidenswert, dürften die meisten Freunde unseres Tanzes aus den meisten Regionen der Republik seufzen. Diese Vielfalt! Ich seufze auch, aber mit Fragezeichen: Vielfalt?
Die absolute Mehrheit der Berliner Milongas wird musikalisch aus der klassischen Kernzeit bestückt: Mitte der 1930er bis Ende der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts. In Ausnahmefällen geht’s bis in die Anfänge der 50er. Es kommt kaum noch eine Konserve zu Gehör, die nicht vor mehr als mindestens 70 Jahren eingedost worden wäre. Selbst Osvaldo Pugliese, der seinen wuchtigen Sound erst in den 60ern zur vollen Entfaltung gebracht hat, wird (nach meiner beschränkten Beobachtung) inzwischen lieber aus früheren Phasen gespielt.
Banause, höre ich es mir entgegen schallen. Jeder(r) goldige DJ(ane) habe doch seine/ihre eigene Handschrift, bastele andere Tandas, stelle den Abend mit individueller Dynamik zusammen. Ja, aber… Ob nun das Stück A in der Tanda B an erster oder vierter Stelle erklingt, ob schließlich die Tanda B in der zweiten oder dritten Stunde der Veranstaltung platziert ist… bitte, liebe Musicalisadores, seht mir meinen Mangel an Respekt vor der Kunst der Stücke-Zusammenstellung nach – es bleibt doch dieselbe Musik.
Mag sein, dass unterschiedliche Positionierungen im Mikro- wie im Makrobereich einer Milonga zu unterschiedlichen Stimmungen beitragen, an meiner Grundstimmung ändert das nichts. Sie schwankt zwischen Langeweile und Überdruss. Zuviel dasselbe vom gleichen. Oder umgekehrt.
Neulich musste ich laut lachen, als ich die Reklame einer Milonga las, die ich öfter besuche. Es gebe am Abend ein bis zwei Tandas mit moderner Musik, hieß es da. (***) Z u r A u f l o c k e r u n g . Ob dem DJ bewusst war, was er damit indirekt zugab? Dass nämlich die Anhäufung klassischer Tangos einer solchen Zutat bedarf… Mit anderen Worten: Dass sie trotz der vielen flotten Zwischenmusiken ein auf die Dauer eher steifes Unterfangen darstellt. Früher durften es in der betreffenden Milonga übrigens auch schon mal zwei bis drei unklassische Tandas sein. Noch früher wurde sogar Tango Nuevo unterrichtet. Aber mindestens in Berlin weht der Zeitgeist aus einer anderen Richtung.
In einem Blog-Beitrag mit dem Titel „Viejo Milonguero in der Tangokrise“ (**) habe ich mich vor einigen Monaten mit der Frage auseinander gesetzt, warum ich als Rentner mit viel Zeit weniger tanzen gehe als während meiner Berufstätigkeit. Damals habe ich alle möglichen Gründe ventiliert. Heute komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass es vor allem an der Musik liegt, die mich immer weniger auf die Pista zieht.
Doch obwohl ich nicht einen ganzen Abend Tangos aus derselben Epoche haben mag, bin ich ein altmodischer Mensch. Ich liebe eher, wie es Reinhard Mey einmal besungen hat: Musik von Hand gemacht. Also Electrotango, ja bitte, aber bitte in Maßen – genauso wenig massiert wie das goldige Zeugs. Meinen Ohren tut es auch gut, wenn die Klassik mit jungen Sound gespielt wird. Die meisten der allseits bekannten Coverbands mag ich.
Aber auch unter ihnen nehme ich einen, schüchternen, aber immerhin: Drang nach neuen Ufern wahr. Cachivache ist eine der international erfolgreichsten Unter ihnen. Auf ihrer neuen CD begnügen sie sich nicht mehr mit eigenen Arrangenments des klassischen Materials. Vielmehr versuchen sie sich an eigenen Kompositionen. Ob die Stücke dem Zahn der Zeit stand halten? Keine Ahnung. Aber welcher der Klassiker wusste schon, welcher seiner Songs nicht nur ein Hit für eine Saison würde, sondern die Zeiten überdauern? Zu einem lebendigen Tango gehört für mich auch aktuelle Musik!
Die wenigen Milongas, in denen gemischte Musik aufgelegt wird, sind mir auch nur bedingt eine Hilfe. Denn ich möchte Tango hören zum Tanzen – keinen weltmusikalisch wattierten Techno. Aber immerhin: Derlei Titel helfen mir, meine Ohren durchzuspülen. Danach vermag ich auch die Klassiker wieder besser zu würdigen.
Immerhin gibt es eine kleine Minderheit von DJs in Berlin, deren Angebot mir näher kommt: Exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennen ich Thomas Klahn im “Bebop” zum Beispiel, Jens Stuller, der an verschiedenen Orten auflegt, sowie Mona Isabelle und Henning Klose im “Tangoloft”. Die beiden experimentieren auch gern. Von diesem durchaus heterogenen Quartett gibt es allerdings keine schriftlich fixierten Dokumente – wie vom antiklassischen Gottseibeiuns Gerhard Riedl. Was er weit weg von Berlin hinter den sieben Bergen in seinem Pörnbacher Wohnzimmer zusammenstellt, gefällt mir am besten. Denn in seinen Playlists finde ich vor allem T a n g o in der modern(er)en Variante. Kaum eine Playlist, die er in seinem Blog veröffentlicht, bei der ich (auf die Gefahr hin, dass sein Selbstbewusstsein sich noch weiter der Berstgrenze nähert) nicht in schwärmerisches Seufzen geriete: Ja, so stell’ ich mir eine Milonga vor! (****)
Aber ich hätte einen Vorschlag zur Güte an die Freunde des musikalischen Antiquariats: Ich könnte – jedenfalls für eine Weile – auf den ganzen modernen Kram verzichten, wenn Ihr mit der Orientierung an den guten alten Zeiten wirklich ernst machtet. Denn die heutige Monokultur der Milongas ist erst lange nach dem Untergang der goldigen Zeiten entstanden – wahrscheinlich nach dem Vorbild kommerzieller Radiosendungen, in denen die Musik durch Werbung unterbrochen wurde. In den 30er bis 50er Jahren gabs in den Milongas von Buenos Aires Livemusik. Da wechselte sich ein Orchesta Tipica mit einer jazzorientierten Band ab. (****) Damals hieß es nicht „Non Tango“, sondern „otros ritmos“.
Mein Traum ist es, so etwas einmal live ausprobiert zu erleben. Hier in Berlin. Wo sonst? Beim „Contemporary Tango Festival“ (*****), das Andreas Rochholl im Hauptbahnhof organisiert, spielt alle Jahre wieder ein Tangoorchester um den Bandoneonisten Christian Gerber volle fünf Stunden lang. Über 100 Titel. „The real tradition“ lautet selbstbewusst der Titel. Aber korrekt ist er höchstens zur Hälfte. Warum nicht einmal 100prozentig traditionell sein und, sagen wir: Andrej Hermlins Swingdance Orchesta (ebenfalls aus Berlin) für die „otros ritmos“ engagieren?(******) Die spielen die originalen Arrangements aus der Golden Era of Swing, also genau der Zeit der Epoca d’Oro des Tango. So eine Kombination wäre wirklich „The real tradition“. Selbstverständlich ließe sich die musikalische Kombination der beiden goldenen Epochen auch in die Strukturen unserer Milongas integrieren. Mein bescheidener Vorschlag: Zusätzlich zu den Tandas mit Vals und Milonga eine Einheit Swing. Neulich hab ich in einer (nicht monoklassisch ausgerichteten Milonga) erlebt, wie Cortinas mit Latino-Musik ausdrücklich zum Tanzen aufgelegt wurden. Auch so etwas könnte ein Modell sein.
Nur mal so dahin geträumt zum Auftakt des neuen Jahres…
(*) Siehe: https://www.hoy-milonga.com/berlin/de
(**) http://kroestango.de/aktuelles/viejo-milonguero-in-der-tangokrise/
(***) Siehe die exemplarischen Playlists auf diesen Sites: http://milongafuehrer.blogspot.com
(****)siehe: https://gancho.info/of-tango-djs-tandas-and-cortinas/
(*****) https://www.zeitgenoessische-oper.de/produktionen/contemporary-tango-festival
(******) http://www.swingdanceorchestra.de
18 Comments
> Aber mindestens in Berlin weht der Zeitgeist aus einer anderen Richtung.
Und ich dachte immer Berlin sei die große Ausnahme bei der allgemeinen Tango-Mumifizierung.
Und wenn du schon nach Pörnbach pilgerst, kannst du ja auch noch die paar Kilometer weiter zu meiner Milonga nach München fahren. Da brauchst du keinen “wattierten Techno” zu fürchten. Mit “Techno” meinst du vermutlich “Electro” (Gotan Project, Tanghetto, Bajafondo etc.), den mag ich selber nicht und spiele am Abend max. eine Tanda. Ich bevorzuge ebenfalls “von Hand gemachte” Musik und spiele deshalb fast ausschließlich rein akustische Stücke.
Liebe Jochen, leider sieht’s in Berlin anders aus, als Du gedacht hast, Falls Facebook ein halbwegs richtiges Bild gibt, könnte es im Ruhrgebiet anders aussehen, auch im Norden um Bremen… Ich pilgere übrigens nicht nach Pörnbach. Ich lese nur Gerhard Riedls Playlist. Und die unterscheiden sich in einer Hinsicht von Deinen: Er spielt vor allem Tango, während ich bei Dir viel “otros ritmos” finde. Deshalb hab’ ich Dich nach einiger Überlegung nicht genannt. Mit “Techno” meine ich übrigens nicht “Electro-Tango”. Den mag ich, wie ich geschrieben habe. im Maßen. Nein, ich meine Pop/Rock-Musik, die in der einschlägigen Szene gern als “Neotango” bezeichnet wird. Weil sie eben neu ist. Aber ich hab mir vorgenommen, beim nächsten Abstecher nach München, bei Dir rein zu schauen – und nach Pörnbach will ich’s auch endlich schaffen.
Ein gelungener Artikel über Monokultur und daraus entstehende Langeweile. Die Frage ist nur welche: eine musikalische oder tänzerische?
Die Erinnerungen an die Pionierzeit des Tangos in Berlin läßt mich etwas nostalgisch an die „Tango Bar“ im damaligen Loft (nicht zu verwechslen mit dem heutigen) im früheren Metropol-Theater am Nollendorfplatz in den Jahren 1983 bis 1986 denken. Juan D. Lange hatte dort ab 1985 die erste regelmäßige Milonga Berlins organisiert. Innerhalb von einem Jahr, zwischen 1985 bis 86, stieg die Zahl der Besucher von anfangs ca. 50 auf bis zu 200 an.
Die Idee des Organisators war an einen berühmten Tanzpalast im Herzen Montevideos angelehnt, in dem viele verschieden Tänze getanzt wurden. Erst als die damaligen Inhaber des Metropol-Theaters der damaligen Tangogemeinde einen zusätzlichen Swing-DJ aufzwingen wollte, verließ die gesamte Gruppe aus Protest das für Tänzer sehr attraktive Lokal. Das war dann das Ende der “Tangobar”. Trotz der sehr gelungenen Musikmischung aus – ja man staune – vorwiegend Tango, Milonga, den Tropicaltänzen Salsa, Merengue und dem Vals Perujano (Tango Vals wurde damals nicht getanzt, dafür sorgte erst Pepito Avellaneda ab 1988), war doch den Besuchern dieser Schritt zum damals noch nicht so bekannten Swing ein wenig zu viel des Guten, obwohl er aus heutiger Sicht nicht nur zukunftsweisend, sondern nahezu prophetisch war. Dass diese Tänzer/innen den Laden verließen und sich dagegen wehrten, lag wohl auch daran, dass sie Swing nicht beherrschten und die besondere Stimmung der Lateinamerikanischen Musik nicht mit dem amerikanischen Jazz miteinander vereinbar hielten. Die meisten von uns „Tango-Bar“-Besuchern lernten nämlich in den Kursen vom „Estudio Sudamerica“ von Juan D. und Partnerin Annette Lange zwar nicht nur Tango, sondern auch viele Caribic-Tänze, dazu Vals Peruano und Exoten wie Chamamé, aber keinen Swing. Ich bin diesem Lehrerpaar sehr dankbar dafür, dass sie uns das „Tanzen“ beibrachten und die Erkenntnis vermittelten, dass jede Musikrichtung ihre eigene Tanzentwicklung hatte; dass also jede rhythmische Tanzmusik zu ihrem Charakter passende Bewegungen entwickelte hatte. Diese Musikmischung sorgte dafür, dass uns auch bei anderer Musik nicht nur nicht langweilig wurde, sondern sogar sehr großen Spaß daran hatten, uns dazu bewegen zu können.
Kurzum: unsere „tänzerische Bildung“ war vielseitiger als bei den meisten Tango-Tänzer/innen heute.
Was geblieben ist, ist eine Tanz-und-Musik-Monokultur in separierten, parallel existierenden Social-Dance-Lagern, nämlich Standard-Latein, Swing bzw. Lindy-Hop oder Westcoast-Swing, Caribic und Tango Argentino.
In der Tangoszene ist es sogar noch schlimmer. Da die meisten Tangotänzer nur ihren eigenen Tanz mehr oder weniger gut gelernt haben, suchen sie Musik (Non-Tango – ein Unwort – Neotango und Weltmusik) aus, die den Bewegungen des Tangos angepasst ist und nicht umgekehrt. Dass das Tangotanzen über das monotone „Grundtakt ablatschen“ hinausgeht und die Klassische Tangomusik den Tänzer/innen eine unglaubliche Gestaltungsvielfalt ermöglicht, erschließt sich den meisten erst in den letzten Jahren. Diejenigen, die dieses eigentlich schwierige Unterfangen noch nicht verstehen, suchen sich teilweise primitive Elektrorhythmen oder tangogrundtakt-ähnliche Musik, um ihre mühsam erlernten Tangofiguren auch hier anwenden zu können.
Und es kommt noch schlimmer: Obendrein wird der Tango zum über allen anderen Tänzen schwebenden „König-aller-Paartänze“ verklärt, der ihre Protagonisten selbstverständlich durch dessen – wenn auch nur rudimentäre – Umsetzung, gleichzeitig zu Elitetänzern machen soll. Naserümpfend werden alle anderen Paartänze zum Nebenschauplatz degradiert, denn, zugegeben, wohl kein anderer Tanz bedarf so langwieriger Arbeit, um ihn zu lernen. Dass sich eine Social-Dance-Szene zu ihren Standardbewegungen passende genrefremde Musik sucht, ist wohl nur in der Tangoszene üblich, einmalig und nur der Tatsache geschuldet, dass die Auswahl an tanzbaren Tangos sehr gering ist und sich seit den späten 40er Jahren nicht mehr entwickelt hat; zumindest nicht in dieser musikalischen Qualität, anders als in den Caribic- oder Swing-Sparten.
Fazit: die langsam aufkeimende Langeweile ist einer tänzerischen Monokultur und begrenzter Zahl an guten Tangos geschuldet. Ich bin gespannt, wann sich die Tangoszene ein wenig offener macht und wieder den Eingang anderer Tanzmusik zulässt. Beispiele aus der Tanzgeschichte zeigen, dass das möglich war und sehr belebend sein kann. Vorausgesetzt Tangotänzer schauen auch mal über ihren Horizont hinaus und lernen auch mal andere Tänze. Es gibt sie nämlich!
Und wenn mir mal in der Tangoszene langweilig wird, gehe ich einfach mal Salsa tanzen. Danke, Juan! Swing kann ich leider noch nicht so gut tanzen, ohne dass mir nach kurzer Zeit die Lunge platzt. Lust dazu hätte ich schon.
Vielen Dank für Deinen Text, lieber Klaus Wendel. Hätte ich gewusst, wie umfangreich und profund er ist – ich hätte Dich gebeten, ihn als Gastbeitrag in meinem Blog zu veröffentlichen. Warum bloß muss ich erst über den Umweg nach Westdeutschland so viel über die Geschichte der Berliner Tango-Szene erfahren? Zu Musik und Tanz schreib ich noch extra was Gesammeltes.
Lieber Thomas,
ich habe noch ein Plakat (JPG) von 1983 gefunden, das ich Dir per Email zusenden werde.
Liebe Grüße von Klaus Wendel
Das klingt spannend. Ich freu mich drauf!
Ich bin durchaus ein Freund anderer Musik auf Milongas, egal ob Salsa, Chamamé Swing oder Rock´n Roll. Ich kann auch das dogmatische wir tanzen “nur” Tango nicht ab, obwohl Tango mit Abstand mein leibster Tanz ist.
Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die Behauptung, dass es nur wenige tanzbare Tangos gäbe. Es gibt zehntausende von Tangos (Elektro Tangos gar nicht mitgezählt, die sind mir meistens auch zu langweilig), das es in dieser Vielfalt nur wenige geben soll, die gut oder gut tanzbar sind, erschließt sich mir nicht.
Lieber Thomas mehr oder weniger harte Schläge in den Nacken des konventionellen DJs Fridolin, ja, der sicher auch einige Ausreiser spielt. So richtige weiß ich auch nicht, warum ich mich immer wieder von Deinen trefflichen und scharfzüngigen Einschätzungen angesprochen fühle. Ja, ich bekenne mich, ich spiele gerne “Asche” oder EDOs etc. Und finde dazu den einen oder anderen Tänzer*In.Und eben, in der Tradition des b-flat, auch die europäischen Quellen.
Manchmal frage ich mich jedoch, ob es bei Dir um den Wechsel um des Wechsels willen geht oder warum Dein anspruchsvolles Reizlevel so schnell zu frustrieren ist. Und selbstverständlich, als Klein-DJ der C-Klasse in Berlin, der nicht gerade von überbordendem Selbstbewusstsein strotzt, regen mich Deine Anmerkungen zum selbstkritischen Nachdenken an und sie ermuntern mich, neue Gestaltungen zu finden. Darum viel Zustimmung für den Kampf gegen jedweden Dogmatismus in jeder Form und viele Fragen, wo das alles noch enden soll. Machen wir beide mal zusammen ne Milonga? Respekt und Grüße Fridolin
PS wie komme ich eigentlich in Deinen regelmäßigen Verteiler, wo ich gerne wäre?
In Pörnbach haben wir ausschließlich Gäste, keine Pilger. Wir betreiben dort nämlich keinerlei religiöses Zentrum.
Dennoch. lieber Jochen, empfehle ich ausdrücklich beide Veranstaltungen. Du wirst übrigens damit rechnen müssen, dass ich im neuen Jahr mal deine Münchner Milonga besuche – sorry, da musst du jetzt durch!
Ich plane für dies Jahr einen Besuch in München, lieber Gerhard Riedl – mit Abstecher hinter die sieben Berge…
Prima, wir freuen uns! Und bei der weiten Anreise sag ich ausnahmsweise: Ihr seid dann auf der Gästeliste, egal, wie voll es schon ist.
Tja, ein ergreifender Artikel über die verbohrten DJs, die “Freunde des musikalischen Antiquariats”, die sich tatsächlich weigern “Andrej Hermlins Swingdance Orchesta für die „otros ritmos“ (zu) engagieren”.
Unglücklicherweise hat der Autor vergessen, auch die DJs der bunten und offenen Swing-Szene zu befragen, ob diese nicht mal zur Auflockerung ihrer eintönigen “Golden Swing Area” ein paar wirklich schöne D’Arienzo oder Fresedo-Stücke (z.B. für letztere zwecks Anbiederung einige jener Stücke, die mit Jazz-Trompete und Schlagzeug arrangiert wurden).
Nun, obwohl zwar in Berlin nicht heimisch, konnte ich diesen Vorschlag unter Verweis auf den obenstehenden Text einigen Freunden aus der Berliner Swingszene unterbreiten – und die Antwort, lieber Autor, war ziemlich eindeutig:
Wer Tango hören und tanzen möge, soll doch -bitteschön- zu Milongas gehen.
Ansonsten wurde freimütig geäussert, dass jene, die zeitweise gerne Swing auf einer Tangoveranstaltung hören möchten, sich jener handlichen Apparaturen bedienen mögen, die heutzutage zu geringen Preisen im einschlägigen Fachhandel zu erwerben sind, mittels derer man durch drahtlose Ohrhörer auf diskrete Weise an fast jedem Ort still seinem ganz speziellen Musikgeschmack frönen kann.
Insofern hat mein kleines Interview in der Berliner Swingszene doch eine akzeptable Option für den Autor zu Tage gefördert, einen bunten Musik-Mix auf allen Milongas zu hören, welche ich ihm nicht vorenthalten und mit diesem kleinen Beitrag kundtun möchte.
Grüsse aus dem 1. Bezirk,
Wiener Milonguero
Sehr interessant, auch die Musik-Anregungen.
Hier in Rhein Main Gebiet geht der Trend (zum Glück) gerade in die andere Richtung – mehr Diversität und viel Live Musik.
Und ich bin in diesem Zug letztes Jahr auch auf den DJ gekommen – weil mir immer noch zu wenig Varianz drin ist.
Und weil ich lieber tanze als auflege ( und deshalb vor allem andere DJs anregen will) veröffentliche ich meine Playlisten auch. Hier findest du meine ersten Versuche:
http://neunmalsechs.blogsport.eu/tango-argentino/milonga-armonico/
Ich bin natürlich noch Anfänger, aber vielleicht trotzdem interessant.
Darüber hinaus arbeite ich an einer Zusammenstellung zeitgenössischer Tango-Gruppen und Aufnahmen (zwecks Veröffentlichung) . Da bin ich für jede Anregung dankbar und auch an Kooperationen interessiert. Falls du dir das (wie auch immer) vorstellen kannst – schreib mir doch mal ne E-Mail.
LG
Carsten
Deine Botschaft les ich gern, lieber Carsten. Von Menschen, die in Deine Gegend gezogen sind, hab ich noch vor gut einem Jahr allerdings das genaue Gegenteil gelesen. Deine Site gefällt mir übrigens. Wenn ich mich nicht irre, hab ich sie neulich auch auf FB geteilt (vielleicht wollte ichs auch nur). So eine Liste wie Du planst, hat übrigens Olly Eiding aus München schon mal gemacht. Was ist an Neuem Tango finde, streue ich aus FB und in meinem Blog. Außerdem gibt es das ein oder andere FB-Forum aus B/A.
@Thomas:
Danke! Hab mir erlaubt, dir auf FB eine Freundschaftsanfrage zu schicken und werde öfter mal hier rein schauen (damit ich deine Anregungen nicht verpasse).
In Frankfurt gibt es mindestens zwei Veranstalter, die sehr regelmäßig (und schon länger) intensiv das Non-Tango Feld beackern. Dort fehlt m.W. ein wenig die Tango Nuevo. Hier in Darmstadt gibt es jetzt drei Veranstalter, die (allerdings seltener als in FFM) die das gleiche tun.
Die Heidelberger / Mannheimer sind ganz stark im (Nuevo) Live-Segment und haben auch mind. 3 Veranstalter, die gemischt spielen. Dazu kommen “moderne” Szenen in Offenbach, Wiesbaden, Mainz… du kannst deine Bekannten gern an mich verweisen, wenn sie das noch nicht so kennen.
Die Liste von Olly Eiding hab ich leider nirgends gefunden.
Noch ein DJ, der seine Playlists veröffentlicht – Kompliment! Ich werde die Seite von Carsten demnächst auf meinem Blog beschreiben und besprechen.
Vielen Dank für a l l e kritischen wie zustimmenden Kommentare hier und auf Facebook. Beide bestätigen, das mein kleiner „Traum“ als das funktioniert hat, was er sein sollte: Eine Provokation zum nachdenken. Um allerdings gleich ein wenig Kritik zurückzugeben: Mein Hinweis Hinweis, dass es in der „Goldene Epoche“ des Tango (u n d noch danach) anders zuging als in unseren heutigen „klassischen Milongas“, ist in er Debatte eher untergegangen – so viel auch zu der etwas unwirschen Stellungnahme aus Wien. Nicht zu Unrecht hat Gerhard Riedl von einer „erfundenen Tradition“ gesprochen. Auch deshalb hab’ ich zwei „Fundstücke“ in einen neuen Blogbeitrag gestellt. Sie zeigen obendrein, dass die Diskussion nicht ganz neu ist. Am Ende meines Stücks hab’ ich im Übrigen bereits einen hoffentlich nicht ganz unrealistischen Vorschlag zur Reform der „klassischen“ Milongas gemacht.
Spannend wieder einmal 🙂
Klaus Wendels Schlussworte möchte ich vorneweg entgegen halten: Es braucht nicht mal “andere Tänze” an Milongas. Der “Output” von Argentinien bzw. Buenos Aires ist enorm. Bevor ich viel langweiliges Zeugs texte, erlaube ich mir eine Verlinkung.
https://www.youtube.com/watch?v=k8sETvCrA8w
https://www.youtube.com/watch?v=vpNzyVTkWbg
https://www.youtube.com/watch?v=PbfVQjv34Rg
Bis auf das Intro des dritten Beispiels sehe ich tänzerisch so viele Bilder….
und was Buenos Aires heute angeht: https://www.youtube.com/watch?v=4kbsEpjZLaY
Das wird an Milongas ausgeblendet….
Und natürlich kann man die tänzerische Ausdruckskraft auch bei anderer Musik anwenden. Allerdings gehört das in der Hand von Könnern wie Cicho Mariano Frumboli. Eine schöne Interpretation zur Musik von Satie.
https://vimeo.com/271209026
Kurz:
Weg mit der Spiessigkeit und hinein in die Lust. Ich dachte, Berliner seien prädestiniert dafür 🙂