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Nachtgedanken… über Tango und Sozial(tanz)pädagogik

28. Januar 2018
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In der Tanzschule, die ich Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhundert (wie das klingt…) in Moers am Niederrhein besuchte, ging’s für damalige Verhältnisse ziemlich locker zu. Einmal im Monat spielte eine Beatband (wie das damals hieß) und beim sonntäglichen Tanztee achtete niemand auf die korrekten Schrittmuster. Sogar der bei hormonell aufgeheizten GymnasiestInnen beliebte Klammerblues wurde stillschweigend geduldet. Mit einer Ausnahme.

Da waren die Betreiber im Urlaub und überließen die Aufsicht über uns einem kleinen Herrn aus Rheinberg. Rund um dieser Metropole des Magenbitters beginnt der katholisch geprägte Teil des Niederrheins. Heimatverbunden schnürte der Sittenwächter von Paar zu Paar über das Parkett und demonstrierte, wo er es für nötig hielt, mit einer ausgestreckten Hand, Rücken nach oben, wie weit die potentiell sündigen Leiber der Tanzenden von einander entfernt zu sein hätten. Schicklicherweise. An diesen moralisch korrekten Tanzpädagogen musste ich dieser Tage in einer Milonga denken, die ich häufiger besuche.

Nun ist beim aktuell angesagten Engstanzstil körperliche Nähe unterhalb der Handbreitendistanz kein Problem im Tango. Dennoch gibt es auch hier gestrenge SittenrichterInnen, die auf die Einhaltung der (wieviel auch immer) Gebote achten. Dazu zählt die Ronda – die möglichst gleichförmige Rotation einer gegebenen Tanzgemeinde auf einer Pista. Es gibt Djs, denen gilt diese Sitte sogar als erstes Gebot sozialen Tanzens. Deshalb regulieren sie die musikalische Energiezufuhr so (im Zweifel: herunter), dass die TänzerInnen erst gar nicht die Lust auf kreistanzwidriges Verhalten befällt. Die bayerische Bloggerin Manuela Bößel hat derlei „Floriansjünger(n) der Achtsamkeit“ in aller satirischen Sanftmut ein einfühlsames Portrait gewidmet. (http://im-prinzip-tango.blogspot.de)

Eine(r) von ihnen nutzte jüngst die Unterbrechung der erwähnten Milonga durch die dieserorts bewährte „Tauschtanda“ (*) zur Exekution einer Ordnungsmaßnahme. Die TänzerInnen wurden zur Bildung zweier gegenläufiger Tanzkreise angehalten, um rondafreundlich spurtreues Verhalten einzuüben. Nun gehen auch mir gelegentlich Menschen auf den Wecker, die mindestens eineinhalb Tanzbahnen beanspruchen, mit ihren Figuren pollermäßig die Pista blockieren oder plötzlich von irgendwoher quergeschossen kommen. Aber möchte ich deshalb an einem fröhlichen Tanzabend ungefragt mit einer kostenlosen Extraportion Rondalogie behelligt werden?

Ich mag kein zwangsverordnetes Rheinberg in Berlin. Das widerstrebt den antiauroritären Restbeständen in meinem Gemüt – und ist obendrein für den weiteren Verlauf der Veranstaltung so folgenlos, wie es nur irgend geht. Die allermeisten TänzerInnen wissen nämlich durchaus, wohin und auf welche Weise der Tango sich zu drehen hat. Sie vergessen es nur gelegentlich oder finden es im fröhlichen Eifer der Bewegung gerade nicht so wichtig. Weil die Musik sie so antörnt, zum Beispiel. Jedenfalls reguliert die Tanzgemeinde sich in alller Regel über kurz oder lang selbst – auch wenn die Ronda selten so perfekt wird wie in einer geriatrischen Nachmittagsmilonga von Buenos Aires.

Von meinem kleinen Trip dorthin hab ich eine Karte mit sechs „Codigos de Convivencia entre Milongueros“ mitgebracht. Die dritte der Regeln für die friedliche Koexistenz unter Tangotänzern enthält einen Hinweis, der auf selbsternannte Großtänzer gemünzt, aber aus meiner Sicht auch auf wohlmeinende Sozial(tanz)arbeitInnen anwendbar ist: „Prohibido dar clase durante el baile“. Oder in knappem Neudeutsch: No teaching in the Milonga!

(*) In der Tauschtanda wird fünf oder sechs Tangos lang jeweils nach jedem Stück der/die PartnerIn gewechselt. Sie dient dem besseren Kennenlernen in der Milonga und vor allem der Einbeziehung von Neulingen oder Nichtstammgästen. Sie führt allerdings dazu, dass die Ronda durch die Suche nach passenden TänerInnen, mindestens temporär ein wenig durcheinander gebracht wird. Um diesen Effekt zu vermeiden, den Grundgedanken aber zu verwirklichen, gibt es andernorts eine komplette Tanda unter dem Motto „Dancing with Strangers“.

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Thomas
Thomas

7 Comments

  1. Anke sagt:
    29. Januar 2018 um 21:13 Uhr

    Lieber Thomas, ich lese deine Artikel sehr gerne. Was du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Stand da zufällig jemand wie ein Zirkusdompteur in der Mitte, der dann den Tanzenden (oder Pferden) mit Schnipsen auch noch den Takt beibringen wollte 😀?

    Antworten
  2. Thomas sagt:
    30. Januar 2018 um 08:06 Uhr

    Vielen Dank, liebe Anke, für Dein wohlwollendes Urteil über meine Artikel. Ich weiß, dass nicht jede(r) meinen Humor mag. Ich versuche , (unter anderem) gegen das für meine Begriffe Übermaß an Harmoniestreben in der Tangogemeinde anzuschreiben, ohne allzu verletzend zu sein. Aber ein kleiner Stich ist schon nötig – wenn’s zum Lachen (und Nachdenken) anregen soll. Ich mag den konkreten Fall nicht allzu sehr ausmalen, but… da stand niemand in der Mitte und schnipste. Wäre auch kein Platz gewesen – aber am Rand auf einer Bank, um den Erfolg der pädagogischen Übung zu überwachen.

    Antworten
  3. Gerhard Riedl sagt:
    30. Januar 2018 um 10:20 Uhr

    Ein sehr schöner Artikel, mein Kompliment!
    Es freut mich, lieber Thomas, dass Du doch ein Thema gewählt hast, welches angeblich “tausendmal ausgelutscht und daher langweilig” ist.
    Mein kollegialer Tipp: Wenn bestimmte Sujets so oft auftauchen, hat das einen einfachen Grund – sie sind höchst interesssant!

    Antworten
  4. Thomas sagt:
    30. Januar 2018 um 11:30 Uhr

    “Wenn bestimmte Sujets so oft auftauchen, hat das einen einfachen Grund – sie sind höchst interesssant!” – da wäre ich als ruhesitzender Journalist nie drauf gekommen, lieber Gerhard Riedl. (Leider sind die Ironiezeichen an meinem PC chronisch kaputt.) Das Facebook-Echo auf meinen Beitrag zur Traditionsäugelei hat die Richtigkeit der These ja bereits gezeigt. Dennoch bemühe ich mich um a bisserl Abwechslung Und ich arbeite an einem eigenen Ton. Aber ich bin ja noch Jungblogger. Eh ichs vergesse: Vielen Dank für das Lob des Veteranen!

    Antworten
  5. Jochen sagt:
    31. Januar 2018 um 17:03 Uhr

    Gut geschrieben!

    Wenn’s genehm ist, noch ein Tipp eines ALTbloggers für den “Jungblogger”: Ein Artikel sollte sich im Normalfall mit EINEM Thema/Aspekt beschäftigen, das ist in deinem Fall die “Rondalogie”. Im letzten Absatz leitest du zu einem völlig anderen Thema (“teaching in the M.”) über, ohne das dann aber auszuführen bzw. zu kommentieren. Das wäre ein eigener Beitrag.

    Antworten
    • Thomas sagt:
      31. Januar 2018 um 18:13 Uhr

      Sorry, lieber Jochen, wenn ich Dir widerspreche: Das Thema ist die Belehrung in Rondalogie, also . „teaching in the M.“ Vielleicht dauerts a bisserl lang bis dahin. Aber die den berühmten Streiflichtern der SZ kommt das Thema über den ein oder anderen Umweg oft auch erst am Schluss. Trotzdem vielen Dank für Deinen Kommentar. Dadurch bin ich auf Deine Site gestoßen. Wenn Du nichts dagegen hast, werd’ ich gelegentlich daraus zitieren – falls Du Deine Meinung zum DJing nicht inzwischen geändert hast.

      Antworten
  6. Thomas sagt:
    5. Februar 2018 um 10:07 Uhr

    In der Facebook-Gruppe München gibt es gerade eine heiße Debatte zum Thema, die mich ein wenig an meiner These von der Fähigkeit der Tanzgemeinde zweifeln lässt. Das unbestellt Oberlehrerhaftigkeit etwas an rücksichtslosem Verhalten ändert, glaube ich allerdings weiterhin nicht. Der wiederauferstandene Terzengel Cassiel erklärt das ganze zum Metropolenphänomen. Ich bin nicht hinreichend weitgereist für verallgemeinernde Aussagen. Aber ich hab’s in Buenos Aires anderes erlebt und in Barcelona auch. In Berlin ist es wohl gemischt. Aber hier stelle ich in einer meiner Lieblingsmilongas – wegen der guten gemischten Musik – fest: Für Unfall armes Tanzen ist das Merry-go-round nicht zwingend erforderlich. A bisserl aufpassen ist auch ohne Kreistanz möglich.

    Antworten

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