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Mittagsspitzen: Wie ich in ein Minenfeld geriet…

20. April 2018
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Ich bewundere Carlos Gavito(*). Michael Lavocah hat aus meiner Sicht Recht, wenn er in seinem Buch über Osvaldo Pugliese dessen tänzerische Interpretation der Musik von Don Osvaldo lobt – weil sie durch ihre langsame, pausenreiche Sparsamkeit großes Drama kreiert (**). Leider hat der Meister auch doppeltes Unglück über die internationale Tangogemeinde gebracht: Die führende Knickhand des Mannes und den hängenden Spinnenarm der Frau. In Maßen gebraucht, sind beide allenfalls ein Geschmacksproblem. Übermaß kann jedoch schmerzhaft sein. 

Jedenfalls hat schon manche Tanguera darunter gelitten, dass der Tangolehrer ihres Tanzpartners ein Fan von „Old Knickhand“ war oder er zuviele seiner beeindruckenden Videos gesehen hat. Ich hab Ladies klagen hören, da versuche jemand, ihnen das Handgelenk zu brechen. Die Epigonen erreichen halt nur selten die Kunstfertigkeit ihrer Vorbilder. Das gilt auch für die komplizierte „Über die Schulter Umarmung“, bei der die Frau ihren linken Arm hoch über die Schulter des Mannes reckt, um dann ihn oder wenigstens die Hand, so gut es geht, herunter hängen zu lassen. Oft spreizt sie dabei ihre Finger auseinander zur Spinnenform. (***)

Bei vielen Damen, die keine Profis sind, sieht diese Haltung eher unglücklich verdreht aus, finde ich – zumal wenn sie auch noch als erheblich kleinere sich nach der Schulter des Partners recken muss. Diese persönliche Meinung (ich hab’ sie ein „Geschmacksurteil“ genannt), hat mir auf Facebook mächtig Schelte eingetragen. Anlass war ein Artikel des amerikanischen Tangolehrers Miles Tangos, der sich auf seiner Website „tangotopics.com“ mit der „Over The Shoulder Embrace“ auseinandersetzt. (****) Er tut das sehr vorsichtig, weil er offenbar weiß, dass er sich mit der Kritik an diesem Konzept in ein Minenfeld begibt: „It’s a touchy subject for a lot of people.“ Ich bin unbedarft mitten rein gelatscht, als ich Miles’ Beitrag auf Facebook mit der Formulierung geteilt habe:

„Ich wundere mich immer wieder, wenn ich diese in meinen Augen, nun ja, ziemlich verzogene Umarmung sehe – so innig & elegant, wie sie offenbar wirken soll, finde ich sie nicht.“

Der Versuch, sich über eine bestimmte Form der Umarmung auseinander zu setzen, wurde gleich als Zensur gewertet. Und damit klar ist, dass ich nicht nur ein übergriffiger, sondern auch ein inkompetenter Typ bin, lautete der zentrale Satz meines zornigesten Kritikers – eines Berliner Tangolehrers: „Gehst du jetzt als alter Standardtänzer an die Normierung der Tangoumarmung?“ Nichts von der Sprengmittelhaltigkeit des Terrains wissend, war ich zunächst überrascht von der Wucht des Schlages. Dann kam ich ins Grübeln: Sollte der Zorn mit einem Blogbeitrag zu tun haben, in dem ich die gegenüber vielen Milongas lockere, wenig leistungsorientierte Stimmung bei einem Ballroom-Frühstück gelobt hatte? (*****) Oder steht hinter der Wucht der Attacke die Tatsache, dass ich darüber hinaus immer wieder die allein seligmachende Gnade der goldigen Zeiten samt Zubehör anzweifele?

Im Vorübergehen hatte ich unbedacht noch das Dogma eines Teils der klassischen Tanzgemeinde touchiert, Tangotänzer seien ausschließlich auf’s Wohlbefinden im Paar aus und keinesfalls auf Außenwirkung. Wirklich nicht? Kein klitzekleines bisschen? Aber sei’s drum…

Dann nun kommt der Punkt, an dem mein Puls ein wenig schneller geht, weil mir unterstellt wird, ich wollte anderen einen bestimmten Stil vorschreiben. Mit großen Freiheitspathos heißt es: „Solange sich BEIDE Tanzende in der von ihnen gewählten Umarmung wohl fühlen…, haben sie alles Recht der Tangowelt dazu, dafür nicht abqualifiziert (zu) werden. Weder von ambitionierten Tangolehrern noch…“ (es folgt eine weitere Invektive gegen mich und meine Bloggerei). Wie jemand tanze, gehe andere „einen sh..t an“ (Abkürzung nicht von mir).

Dergleichen freundliches Echo andersdenkender LeserInnen kenne ich aus mehr als 30 Jahren Journalismus. Wenn jemand Schluckbeschwerden mit meiner teils flapsigen Schreibe hat… Geschenkt. Aber es muss doch, bitteschön, eine Debatte über unseren Tanz möglich sein, in der nicht nur Videos auf Facebook ausgetauscht werden, die jemand toll findet und andere dann ein „like“ drunter setzen. Hier hat niemand eine konkrete Person wegen ihres Tanzstils kritisiert oder ihr mit Verbot desselben gedroht. Was aus absurd wäre. Da ich weiß, dass die Unterstellungen Unfug sind, kann ich kann leben.

Schade nur, dass der wichtigste in diesem Spiel, der „ambitionierte Tangolehrer“ Miles Tangos dabei aus dem Blick gerät. Er hat nämlich niemanden „abqualifiziert“, sondern sich auf mehr als zehn Seiten detailliert mit einer Art von Umarmung auseinandergesetz, die er nicht für ideal hält. Dennoch analysiert er sie nicht nur, sondern macht auch Vorschläge, wie sie von denen, die sie mögen, am besten zu gestalten sei. Konstruktiver geht’s kaum. Haben die wortreichen Kritiker meiner kurzen FB-Notiz den Text gelesen, den ich empfohlen habe? Keine Ahnung. Aufregen ist auf jeden Fall schöner – in unserm kleinen Tangotop wie im wirklichen Leben.

(*) Leider hab ich bei meinem Kurztrip nach Buenos Aires sein Grab auf dem Friedhof Chacarita verpasst. Der link zur pdf mit einem aufschlussreichen interview ist zu finden tief im Keller von Cassiel: http://tangoplauderei.blogspot.de/2010/03/carlos-gavito-weitere-weisheiten-zum.html

(**) Michael Lavocah,Osvaldo Pugliese, Milongapress 2016, S. 184

(***) Wer auf Youtube Videos vonProfis anschaut, die diese Haltung praktizieren, wird feststellen, wie flexibel sie das tun. Sie bleiben meist nicht lange in dieser Tanzfassung, sondern lockern sie immer wieder, passend ztu ihren Figuren. In den Milongas sehe ich sie eher statisch, nach dem Motto: Die Umarmung zu halten, ist wichtiger als die Figur.

(****) Der Artikel , um den es hier geht, und die anschließende Diskussion sind auf Facebook in meiner Chronik vom 18.April, 10.18 Uhr ff. zu finden. Die empfehlenswerte Website heißt: https://tangotopics.com

(*****) Standardtänzer als Vorbild?, mYlonga 20. März 2018. Der Artikel inzwischen steht auf Platz zwei in der Hitliste meiner Blogbeiträge.

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Thomas
Thomas

8 Comments

  1. Jochen sagt:
    21. April 2018 um 14:48 Uhr

    Die Zahl deiner Fußnoten steigt, jetzt bist du schon bei (etwas unübersichtlichen) ***** angelangt. Was hast du gegen die üblichen Zahlen? (1)

    (1) Da würde man die dazugehörige Fußnote deutlich schneller finden.

    Antworten
    • Thomas sagt:
      21. April 2018 um 17:00 Uhr

      Es sollen eher weniger werden.

      Antworten
  2. heinz sagt:
    21. April 2018 um 20:03 Uhr

    Ich bezweifle das Gavito so auf einer Milonga tanzen würde. Es ist seine Show, wie auch die Tanzhaltung dazu. Das diese Show ausgerechnet von denen kopiert wird, die sagen keine Show zu machen ist schon belustigend. Recht hat der Autor, es ist unbequem für den Führenden, es fühlt sich an als wenn man einen Sack Sand an Hals und Schultern stemmen zu hätte.

    Antworten
    • Thomas sagt:
      22. April 2018 um 00:42 Uhr

      Ausweislich des Interviews, das ich erwähne, war Gavito ein strenger Verfechter der Trennung von ShoWtanz und social Dance. Deshalb hat er sich zum Beispiel geweigert, “normalen” Tänzern Ganchos beizubringen. Von dieser Umarmung sagt er in dem Text nichts.

      Antworten
  3. heinz sagt:
    22. April 2018 um 18:24 Uhr

    Ah, ich hatte noch diesen Artikel in Erinnerung
    http://www.tangolirico.com/custom.html

    Antworten
    • Thomas sagt:
      22. April 2018 um 22:58 Uhr

      Vielen dank für diesen Take.

      Antworten
  4. wirdschonwerden sagt:
    23. April 2018 um 14:57 Uhr

    In dem Video legt Carlos Gavito niemendem dem Arm über die Schulter, das tut Maria Plazaola.
    Wer mag kann ja über Pfingsten in Kassel eine fachliche Diskussion mit ihr darüber führen:
    http://tangosuerte.com/event/maria-plazaola

    Antworten
    • Thomas sagt:
      23. April 2018 um 15:30 Uhr

      Nette Werbung, wirdschon werden. Aber es ging nie um den Führenden, sondern immer um den Über-die-Schuler-Arm der Folgenden.

      Antworten

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