Der kleine große Alberto Podesta kommt hier ausnahmsweise einmal nicht als Sänger zu Wort, sondern als Zeitzeuge im Interview mit dem amerikanischen Musiker und Tänzer Alex Krebs. Von ihm erfahren wir, wie es früher musikalisch zuging in den Milongas von Buenos Aires. Die für unseren Zusammenhang interessante Passage beginnt bei ca. 6:30.
Als zweiten Fund zum Thema könnt Ihr einen Artikel lesen, den der (jeglicher Bilderstürmerei unverdächtige) Autor Michael Lavocah auf todotango.com geschrieben hat: “TangoDJing – Part 1: Music for dancing”.
Gerhard Riedl hat einige Sätze daraus ausgewählt und übersetzt:
„Die Tanda ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer authentischen Milonga, aber erinnern wir uns daran, dass in der Goldenen Zeit des Tango die Orchester nicht in Tandas zum Tanz spielten. Ursprünglich war eine Tanda oft nur zwei Stücke lang – die zwei Seiten einer 78-er Schellackplatte – obwohl man in einigen Clubs gewöhnlich zwei Platten des gleichen Künstlers auflegte, also eine Vierer-Tanda. Die Tandas, wie wir sie heute kennen, wurden erst in den frühen 70-er Jahren Allgemeingut, als die alte Musik wieder auf LPs herausgebracht wurde. (…) Bis ins 21. Jahrhundert war man es auf vielen Milongas noch gewohnt, Tandas mit anderen Rhythmen („otros ritmos”) wie lateinamerikanische Musik (Cumbia, Salsa) oder Swing zu hören. (…) Nach dem Zeugnis von Alberto Podestá und anderen war in den 70-er Jahren die Aufteilung zwischen Tango und „anderen Rhythmen” 50 zu 50. Die Idee, dass eine authentische Milonga nur Tangomusik bietet, ist relativ neu. (…) Noch 2006 beschloss die Stadtverwaltung in Buenos Aires einen Erlass zur Förderung von Milongas, in dem es heißt, die „Tanda mit anderen Rhythmen“ sei ein „fundamentaler Bestandteil“ einer Milonga. Heute gibt es solche Stücke auf den meisten Milongas nicht mehr. Manche weniger erfahrene Tänzer (…) haben die Vorstellung, eine traditionelle Milonga spiele nur Tangomusik.“ (*)
(*) http://www.todotango.com/english/history/chronicle/481/Tango-DJing-Part-1:-Music-for-dancing/
http://milongafuehrer.blogspot.com/2015/07/erfundene-traditionen.html
Aber ein Post, in dem Alberto Podesta vorkommt, sollte nicht ohne einen Gesangstitel zu Ende gehen. In diesem Stück singt er die für lange Zeit längste Note der Tango-Geschichte.
3 Comments
Im Original heißt es bei Lavocah: “According to the testimony of Alberto Podestá and others, in the 1970s the milongas played 50% tango and 50% otros ritmos (other rhythms).”
Im Video lautet die Frage aber (bei 6:22): “And how were the milongas in the 1940’s?” Und das ist schon ein großer Unterschied. 1940s ist die “Epoca d’Oro” und selbst da hatten die Leute keine Lust den ganzen Abend lang nur zu Tango-Musik zu tanzen (vgl. “Tango, Jazz, Foxtrot … bei 6:43). Ein wahrhaft goldenes Zeitalter!
Ich finde den Gedanken interessant, die Vielseitigkeit wiederzubeleben. Das heißt aber nach meinem Verständnis nicht zwingend, traditionel und neo / non munter zu mischen oder gemischte Tandas zu spielen, sondern es so wie in den 1940igern zu machen, vielleicht live: das Berlin Community Tango Orchestra wechselt sich mit André Hermlins Swing Dance Orchestra ab….
So in etwa funktioniert es in meinem Traum, lieber Christian. Aber Du weißt ja, Träume sind…