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Die neue Tangodanza – Vorstellung, Reflexionen und eine Anregung

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Und sie bewegt sich… Doch! Die „Tangodanza“, der kleine glänzende Totholz-Solitär unter den deutschen Zeitschriften, reagiert auf die Veränderungen in der Medien-Landschaft. Nein, er beschließt nicht, eine Online-Ausgabe zu kreieren, die diesen Namen verdiente, oder gar nur noch im Netz zu erscheinen. Aber die „Tangodanza“ bemüht sich um eine ihr gemäße Antwort auf das, was sich in den sozialen Netzwerken tut.

Nach einer länglichen, etwas verschwurbelten Einleitung über Tango und Verführung kündigt die Redaktion an, das Blatt künftig nach dem Inhaltsverzeichnis mit einer Bilder-Strecke zu eröffnen. Die LeserInnen sind aufgefordert, dafür ihre Lieblingsfotos zu unterschiedlichen Themen einzusenden. Den Auftakt bildet das Stichwort „Festival“. Facebook ist voll von derlei Erinnerungsstücken – manchmal individuell aufgenommen, manchmal in die Hunderte gehende Sammlungen der „offiziellen“ Festival-FotografInnen. Dagegen das besondere Bild dieses oder jenes Tanzpaares zu setzen, wirkt vielleicht etwas bieder. Aber wenn’s der LeserInnenblatt-Bindung dient…

Es bleibt allerdings das Geheimnis der Redaktion, warum sie mit dieser Initiative dem Ergebnis der eigenen LeserInnen-Umfrage vorgreift, die noch bis Ende Oktober währt. Offenbar ist sie auch unabhängig davon mit der Planung einer Blattreform beschäftigt. Das könnte auch erklären, warum die Ausgabe 4/2018 ein eher routiniert abgespultes Produkt mit den üblichen Zutaten darstellt: Künstlerportraits, Veranstaltungsberichte, Rezensionen. Highlights? Na ja…

Zwei Artikel möchte ich dennoch hervorheben: Den Text über Osvaldo Pugliese und den über Hugo Mastrolorenzo.

Die musikgeschichtlichen Arbeiten des Münchener TangoDJ Olli Eyding lese ich seit einiger Zeit als erste – egal wo in einer Ausgabe sie platziert sind. Der Brite Michael Lavocah (*) mag der führende Experte für die Musik der Epoc d’ Oro sein. Doch seine akribischen Repertoire-Analysen, die das Werk der Klassiker Stück für Stück durchnudeln, langweilen mich zunehmend. Für DJs und Profitänzer mögen sie eine praktische Handreichung sein. Mir ist Olly Eyding lieber. Oder auch Karin Betz mit ihren Radiosendungen in einem hessischen Mini-Sender. (**)

Olly Eiding erzählt kompakt und mit Sinn für das Wesentliche die Geschichte der Musiker und ihrer Werke. Er ordnet sie in ihre Zeit ein und beschränkt sich auf die exemplarische Vorstellung einzelner Titel. Dabei beweist er Mut zu höchst eigenwilligen Entscheidungen – etwa wenn er in der aktuellen Nr. aus Don Osvaldos Schaffen keinen der bekannten Kracher auswählt, sondern „Corrientes y Esmeralda“. Doch dies Stück über eine der bekanntesten Straßenecken von Buenos Aires gibt ihm die Gelegenheit, auch etwas über „Lunfardo“ zu erzählen, den berühmten Soziolekt, der einst in der Unterschicht von Buenos Aires gesprochen wurde und Eingang in viele Tangotexte fand.

Ich mag das Stück auch deshalb, weil darin auf eine Anekdote um Jorge Newbery (***) angespielt wird. Der argentinische Luftfahrpionier und Salonlöwe soll sich an dieser Ecke geprügelt haben. Er ist eine legendäre Figur in der Geschichte von Buenos Aires. Auf dem riesigen Friedhof Chacarita ist er nicht weit entfernt von Carlos Gardel bestattet. Der Besuch dort zählt zu denen wichtigsten Erinnerungen an meine Pilgerfahrt nach Buenos Aires. Dabei hab ich auch das Grabmal für Osvaldo Pugliese besucht. Gardels Statue werden immer wieder Zigaretten oder Zigarrenstummel zwischen die Finger gesteckt. Auf der Tastatur des steinernen Flügels von Pugliese liegt eine meist frische rote Rose – wie zu seinen Lebzeiten, als die Blume bei den Auftritten seiner Band an ihren Chef erinnerte, wenn er mal wieder im Gefängnis saß wegen seiner kommunistischen Gesinnung.

Mein erster Zusammenstoß mit dem Tänzer und Choreografen Hugo Mastrolorenzo war eher unglücklich. Auf alles fliegend, das irgendwie mit argentinischem Tango zu tun hat, hab ich mir sein Buch gekauft: „Tango-Tanz – Auf der Suche nach der Methode, die er nie war.“ (****) Verstanden hab ich eher wenig und die Lektüre frühzeitig abgebrochen. Dann bin ich auf seinen Namen erst wieder gestoßen, als es um die Tangoweltmeisterschaft 2016 ging. In meinem Hinterkopf klingelte es. Schwach. Ich kramte im Bücherschrank. Er war es – der Weltmeister dieses Jahres. Sein Text hatte mich außen vor gelassen. Aber der Tango, den er mit mit seiner Partnerin Agustina Vignou aufs Parkett legte, der begeisterte mich. Wie kein anderer Showtanz vor oder nachher; ob in der Abteilung Salon oder Bühne.

Vier Mal hatte er an dem Wettbewerb teilgenommen, ehe er ihn gewann. Endlich. Ausgerechnet die radikalste Kür überzeugte eine Jury, die als eher konservativ gilt. Das Publikum fremdelte: „Balada para un Loco“ – die Ballade für einen Narren. Astor Piazzolla hat die Musik geschrieben. Der Text stammt von seinem literarischen Alter Ego Horacio Ferrer. Sie reichten ihn ein zu einen Tango-Wettbewerb. Im Luna-Park – wo heute die Tango-Weltmeisterschaften stattfinden. Die Jury prämierte damals ein heute längst vergessenes Werk.  Aber vier Tage später waren mehr als 200 000 Platten mit der Aufnahme von Roberto Goyeneche verkauft.

Die Proklamation des Meisterpaares von 2016 rührt mich immer wieder. „Wir haben alle ästhetischen Konventionen gebrochen“, zitiert die “Tangodanza” den Künstler. Das reichte bis zum Kostüm von Agustina Vignou. Weiß, schwarz abgesetzt, langärmelig. Hoch geschlossen wie das Kleid eine englischen Gouvernante des 19. Jahrunderts. Sein Anzug sieht aus wie mit Staub bedeckt. Als der Name der beiden Sieger wird bekannt gegeben wird, bricht sie sofort in Jubel aus. Er bleibt lange regungslos stehen. Tränen glitzern in seinen Augenwinkeln. Er braucht Zeit, um sich zu fassen. Um diese Ehrung entgegen zu nehmen, wie ein Mann. So viel Macho steckt auch in diesem Genre-Grenzen überschreitenden Künstler.

Ich könnte jetzt lange von dieser Performance schwärmen. Schaut sie euch lieber an! Nur ein Zitat noch. „Der Tango muss noch grausamer werden, noch roher, noch schärfer“, sagt er. „Das glaube ich, ist die Zukunft des Tango.“ Mit Blick auf viele seiner besten Texte setzt er hinzu: „Der Tango ist grausam. Der Tanz ist es noch lange nicht.“  Die TänzerInnen aber seien „sehr oberflächlich“. Sich im Spiegel anzusehen, sei ihnen wichtiger, als den Tango zu verstehen und zu interpretieren, fasst die „Tangodanza“ seine Gedanken zusammen. Die Siegerpaare von 2017/8 haben wieder ein anderes, konventionelleres Verständnis von Gegenwart und Zukunft des Tango.

Was Mastrolorenzo vom Tango der, ich sag mal, jungen Wilden um Mario Rizzo hält, die ich in Buenos Aires einmal kurz erleben konnte? Ich weiß es nicht. Aus meiner Sicht geht es eher in seine Richtung – weit weg jedenfalls von der glatten Eleganz, die in der klassischen Tangoszene hierzulande als Ideal verehrt wird. Wenn ich einen Wunsch äußern dürfte: Über die solltet Ihr mal berichten, liebe „Tangodanza“ – ruhig ganz weit weg im Heft von den freundlichen Festival-Erinnerungen der StammleserInnenschaft. Hauptsache, ihr wagt es!

(*) Lavocah hat inzwischen vier Bücher veröffentlicht – auf englisch im eigenen Verlag Milonga Press. Beginnend mit „Tango Stories“, 2012, über alle wichtigen Orchester der Epoca d’Or.o. Es folgten im Zwei-Jahres-Abstand Monografien über Anibal Troilo (2014), Osvaldo Pugliese (2016) und Carlos DI Sarli (2018).

(**) Glücklicherweise sind ihre Arbeiten im Internet allgemein zugänglich: https://www.mixcloud.com/karin-betz/

(***) https://en.wikipedia.org/wiki/Jorge_Newbery

(****) Hugo Mastrolorenzo, Tangotanz – Auf der Suche nach der Methode, die er nie war, Abrazos, 2014, 102 S.

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