Ich hab’ das “Corpus delicti” http://kroestango.de/aktuelles/zwischenruf-rentner-tango-und-regierung/ mit einer Reminiszenz an meine Berufstätigkeit begonnen. Da ältere Menschen gern von früher erzählen, möchte ich die Replik auf meine Kritiker ähnlich eröffnen: In langen Jahren als Journalist habe ich die Erfahrung gemacht, dass Antworten auf Leserbriefe (so hieß das früher) den Konflikt mit deren AutorInnen oft eher verschärfen, statt ihn zu entspannen – es sei denn man hebt an: Sehr geehrte Frau A. oder sehr geehrter Herr L., selbstverständlich haben Sie Recht. Ich revoziere. Aber Sorry, liebe Leute, eine Kapitulation ist von mir nicht zu erwarten. Ich möchte nur den Konflikt auf seinen sachlichen Kern zurück bringen.
Worum ging es: In einem Gespräch mit Laura Knight auf https://berlintangovibes.com/2020/07/04/wir-tragen-so-viel-bei-zu-einer-weltoffenen-gesellschaft/ erhielt die Befragte die Gelegenheit, nicht nur ihre Leidenschaft für den Tango auszubreiten, sondern auch über ihr politisches Engagement zur Erhaltung unseres Tanzes in diesen schwierigen Zeiten zu berichten. Durch Zufall hab ich dann erfahren, dass sie nicht irgendeine engagierte Milonguera ist, sondern Redenschreiberin der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters. Das hätte in ihre Vorstellung gehört, fand ich. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Deshalb habe ich einen “Zwischenruf” veröffentlicht – den (nach meiner Erinnerung) kürzesten Text in der Geschichte dieses Blogs. Nachdem Lea Martin ihre Meinung dazu etwas schärfer formulierte hatte als ich (1), folgte, was Laura auf Facebook einen “Shitstorm” genannt hat.
Na ja, ich sag mal: Es war eine heftige Böe, angefacht von insgesamt weniger als zehn engagierten WindmacherInnen aus dem Inner Circle der Berliner Tangoszene. Zum Vergleich: Leas und Mein Text auf dieser Site wurden insgesamt fast 1140 Mal aufgerufen. Dass es in der Polemik nicht um die sprichwörtliche “Sache” ging, muss ich kaum erwähnen. Im Mittelpunkt standen mehr oder weniger persönliche Beleidigungen. Nachdem ich das alles zum dritten Mal gelesen hatte, war mein Drang verflogen, mich damit im einzelnen auseinander zu setzen. Gerhard Riedl hat sich dieser Mühe mit dem ihm eigenen fröhlichen Masochismus unterzogen. (2) Nur meinen Lieblingssatz aus den, ahem, Stellungnahmen, möchte ich zitieren: “Ich schäme mich für Euch beide”. Danke, das ist schon deshalb nicht nötig, weil ich (ebenso übrigens Lea) das Wichtigste/Schlimmste nicht getan habe, das mir/uns unterstellt wurde: Wir haben an keiner Stelle den Beitrag infrage gestellt, den Caroline Waldeck zur aktuellen Kampagne der Szeneprofis und ihrer FreundInnen zur Rettung des Tango in der “Epoca Corona” geleistet hat und leistet. Warum sie in dem Interview nicht sagen mochte, dass sie für die Kulturstaatsministerin arbeitet, verstehe ich bis heute nicht.
Und nun?
Lea Martin hat mein Angebot dankend abgelehnt, in meinem Blog ihren Kritikern zu antworten. Wer mag, kann den folgenden FB-Post als Beitrag zur Debatte werten.
“AKTUELL: Jedes Buch eine Spende an das Tangoloft . Vor drei Jahren erschienen, mit Beiträgen, die immer noch spannend sind, u.a. über Tango und Partnerschaft (Johannes Feuerbach), Tango und Spiritualität (Dr. Uwe Wolf), Tangoszenen in Spielfilmen (Dr. Sabine Zubarik), einem Interview mit Astrid Weiske über Queer-Tango und vielem anderen mehr über “Tango in Berlin”. Das Buch kann für 19,90 € bei info@joanmartin.de bestellt werden, der Betrag wird coronabedingt zu 100 % an das Tangoloft gespendet.”
Laura Knight hat auf Facebook geschrieben, sie distanziere sich von der “Folgediskussion” um ihr Interview.
„Wenn auf ein Interview ein Shitstorm folgt, wenn Diskussionen öffentlich überspitzt werden und wenn Menschen, die sich aktiv für den Tango einsetzen, den wir alle lieben, in erster Linie misstrauisch beäugt werden, dann geht es nicht mehr um die Frage, ob ein Beruf in den Vorstellungstext eines Interviews gehört hätte oder nicht, dann geht es darum, wie wir miteinander umgehen wollen im Tango – jetzt und in Zukunft. Wenn ich persönlich durch das Interview dazu beigetragen habe, dass es so weit kam, tut mir das leid. Das war ganz sicher nicht meine Absicht. Was jede*r einzelne weiter daraus macht, liegt in seiner*ihrer eigenen Verantwortung.”
Ich hatte darauf noch etwas antworten wollen. Aber meine Frau findet, es reiche allmählich. Lauras Text sei ein gutes Schlusswort für eine nicht eben glückliche Debatte. Nach einigem Zögern widerspreche ich ihr nicht.
(1) http://kroestango.de/aktuelles/alles-tango-oder-was-ein-gastbeitrag-von-lea-martin/
(2) http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/07/petition-und-bundeskanzleramt.html
http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/07/petition-und-bundeskanzleramt-ii.html